Immigration

Der Wunsch nach Immigration: Nicht wenige Unternehmen denken in Ansehung der Corona-Pandemie darüber nach, die Produktion oder den Versandhandel aus dem Ausland zurück nach Deutschland zu verlagern. Die meisten Staaten kennen keine Wegzugsbesteuerung, sodass im Ausland selten Steuerlasten infolge des Wegzugs zu befürchten sind.

Inhaltsverzeichnis

Immigration eines Unternehmens

In Deutschland wird der Zuzug beziehungsweise die Immigration des Unternehmens oder einzelner betrieblicher Funktionen analog Wegzugsbesteuerung behandelt. Der Immigration Step-up ist in der deutschen Gesetzgebung verankert und bedarf daher keines gesonderten Antrages.

Sämtliche mit der Immigration verbundenen zukünftigen Geschäftschancen werden bewertet und sämtliche vorhandenen stillen Reserven, inklusive des immateriellen Firmen- oder Geschäftswerts werden in dem Zuge aufgedeckt. Von den so ermittelten höheren Werten kann das Unternehmen in Deutschland steuerlich wirksame Abschreibungen vornehmen.

Sitz im Ausland – Verlegung der Geschäftsleitung z.B. in das Home-Office

Die erstmalige Begründung des deutschen Besteuerungsrechts für die im Ausland registrierte und ansässige Gesellschaft tritt auch dann ein, wenn das Unternehmen seinen bisherigen Sitz im Ausland beibehält, aber den Ort der Geschäftsleitung nach Deutschland verlegt. Das kann der Fall sein, wenn der Geschäftsführer in Deutschland lebt und das Unternehmen fortan von seinem home office aus leitet.

Es bleibt dann bei der handels- und gesellschaftsrechtlichen Zuordnung des Unternehmens zum ausländischen Staat. Allein das Besteuerungsrecht wechselt nach Deutschland. Im Ausland fortgeführte Betriebsstätten werden analog der jeweiligen DBA ausgeklammert und dort besteuert.

Bewertung des neu zugezogenen Unternehmens

Das neu zugezogene Unternehmen wird bei der Immigration bewertet, wobei ein Wahlrecht besteht. Der Steuerpflichtige kann sich in Deutschland wahlweise auf reine Vergangenheitswerte orientieren oder aber eine zukunftsorientierte Bewertung vornehmen. Das führt naturgemäß zu sehr unterschiedlichen Werten. Das Finanzamt ist an die Methodenwahl des Unternehmens gebunden.

Zumindest bei der zukunftsorientierten Bewertung sind Diskussionen mit der Finanzverwaltung über die Höhe des Unternehmenswerts vorprogrammiert. Es lohnt sich vor der Immigration daher die rechtzeitige Darlegung der Prognosewerte und des Kapitalisierungszinssatzes in einem durch den Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer testierten Businessplan. Das deutsche Steuerrecht enthält insoweit eine günstige Vorgabe, als der Risikozuschlag beim Zinssatz 4,5% über dem Basiszinssatz der EZB anerkannt wird. Das führt regelmäßig zu sehr hohen Unternehmenswerten und demzufolge zu hohen künftigen Abschreibungen.

Der ermittelte Unternehmenswert wird zunächst auf die Verkehrswerte der materiellen Wirtschaftsgüter verteilt. Diese werden dann steuerlich wirksam relativ kurzfristig abgeschrieben. Der übersteigende Wert wird als sogenannter Goodwill oder Firmenwert ebenfalls in die deutsche Steuerbilanz eingestellt und über 15 Jahre abgeschrieben.

Immigration des Unternehmens und Handelsbilanz

Die Handelsbilanz des Unternehmens bleibt bei der Immigration weitgehend unberührt. Wenn das Unternehmen künftig weniger Steuern zahlt, wirkt sich dies aber auch positiv auf die Handelsbilanz aus. Vor einer Transaktion sollte jedoch nicht nur die Besteuerung der Gesellschaft in allen beteiligten Ländern geprüft werden. Auch die Besteuerung der Anteilseigner wird ein Kriterium bei der Entscheidung sein. Wie in allen Fällen der internationalen Besteuerung kommt es auf die Gesamtbetrachtung an.

Jürgen Bächle
Jürgen Bächle

ist seit 1989 als selbständiger Steuerberater und Experte im internationalen Steuerrecht tätig und seit über 20 Jahren Mitglied im Vorstand des Deutschen Steuerberaterverbandes Baden-Württemberg, DSTVBW.

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