Weltweit achten die Finanzbehörden darauf, dass keine Gewinnverlagerungen dadurch entstehen, dass für Lieferungen und Leistungen zwischen verbundenen Unternehmen durch gezielte Preisabsprachen Ergebnisse von einem in ein anderes Land verlagert werden.
Um dem entgegenzuwirken und Kontrollen zu ermöglichen, wurden Standards geschaffen, nach denen die Unternehmen darlegen müssen, von welchen Überlegungen sie sich bei der Gestaltung der Preise haben leiten lassen. In Deutschland sind die gesetzlichen Pflichten in der Abgabenordnung und im Außensteuergesetz AStG geregelt. Das AStG wurde mit Wirkung teils per 1.7.2021, teils mit Wirkung ab 1.1.2022 umfassend neu gefasst. Das Bundesministerium der Finanzen hat prompt darauf reagiert und die “Verwaltungsgrundsätze Verfahren Verrechnungssteuer” mit BMF-Schreiben vom 14.7.2021 grundlegend überarbeitet. Die neuen Richtlinien sind auf alle noch offenen Verfahren anzuwenden, was einer de facto Rückwirkung gleichkommt.
Für die Unternehmen bedeutet dies, dass sie sich vor allem im Hinblick auf laufende oder künftige Betriebsprüfungen mit den neuen Grundsätzen befassen und notfalls auch abgeschlossene Jahre nochmals auf den Prüfstand stellen sollten. Das kann sowohl in Bezug auf die Rechtssicherheit, auch in den beteiligten anderen Staaten, als auch finanziell lohnend sein. Denn die Folge eine Nichtanerkennung der Verrechnungspreise führt entweder zu einer einseitigen Ergebniskorrekur und damit zu echter Doppelbesteuerung, wenn das andere Land nicht korrespondierend die alten bescheide ändert.
Ansonsten ist die Nichtanerkennung der Verrechnungspreise auch immer ein Thema, das die deutsche Finanzverwaltung gerne zur Annahme und Besteuerung von verdeckten Gewinnausschüttungen nutzt. Da in Betriebsprüfungen regelmäßig mehrere Jahre geprüft werden und zwischenzeitlich weitere Jahre ins Land gehen, entfaltet die Nichtanerkennung von Verrechnungspreisen regelmäßig hohe Sprengkraft. Gleichzeitig sind Verrechnungspreise bzw. deren Korrektur aber auch ein wirksames Instrument, steuerliche Verluste in einem Land mit den steuerpflichtigen Gewinnen im anderen Land zu verrechnen und damit Steuern zu sparen.
In erster Linie wird für die Gestaltung von Verrechnungsprisen im Geschäft mit nahestehenden Unternehmen der Fremdvergleich maßgebend sein. Wenn dieser nicht möglich ist, muss das Unternehmen die konkrete geschäftliche Beziehung anhand einer qualifizierten Risiko- und Funktionsanalyse beschreiben.
Das wichtigste an einer Dokumentation zur Gestaltung der Verrechnungspreise ist die Story, d.h. die Beschreibung der Beweggründe, weshalb man überhaupt eine Auslandsbeziehung geschaffen hat, weshalb man intern gerade so und nicht anders mit dem verbundenen Unternehmen umgeht, wer in der Geschäftsbeziehung welche Kompetenzen, welche spezifischen Chancen hat und wer welche Risiken trägt. Es geht kurz um den Ansatz “risk & function” . Abgeleitet daraus werden die Methoden untersucht, die zu einem möglichst sachgerechten Ergebnis führen. Eine Verrechnungspreis-Dokumentation ist deshalb keine Preisliste für Waren oder Dienstleistungen. Die Dokumentation beschreibt, weshalb man gerade diese und keine andere Methode für zutreffend hält und in welcher Bandbreite prozentualer Zuschläge man sich bewegen will.
Sowohl nach deutschem Recht, als auch nach den meisten anderen Rechtsordnungen hat eine Untersuchung und Dokumentation zu erfolgen über die Relevanz der von der OECD entwickelten sogenannten Standardmethoden. Es ist wie in einer Klausur in der Mathematik. Zielstrebig nur das Ergebnis hinzuschreiben genügt nicht; das Ergebnis muss hergeleitet werden. Deshalb müssen in der Dokumentation die in Rede stehenden Standardmethoden auch dann besprochen werden, wenn diese letztendlich nicht zur Anwendung kommen.
Die Finanzverwaltung verfügt naturgemäß über eine Vielzahl von Daten und damit über eine branchenspeifische Übersicht, wer welche Umsatzrenditen erzielt. Diese Daten hat der Steuerpflichtige nicht. Um nicht mit ungleichen Waffen zu kämpfen bleibt einem nichts anderes übrig, als sich notfalls eine spezifische Datenbankanalyse zu besorgen, d.h. Geld für ein Gutachten in die Hand zu nehmen. Im Ergebnis bekommt man dann eine Benchmark-Analyse. Darin werden die Daten vergleichbarer Unternehmen analysiert und eine Bandbreite der zwischen fremden Dritten erzielten Ergebnisse dargestellt. Wer sich mit seinem Unternehmen innerhalb dieser Bandbreite bewegt, kann seine Verrechnungspreise gegenüber dem Finanzamt verteidigen. Wer das nicht kann, der braucht gute Argumente und einen wehrhaften Steuerberater, um nicht unterzugehen.