Man könnte meinen, dass all das, was dem Verstorbenen gehört hat, automatisch zur Erbmasse gehört. Doch das ist weder in Liechtenstein generell so, und auch nicht in Deutschland oder in der Schweiz. Sofern der Verstorbene verheiratet war oder in einer Lebenspartnerschaft lebte, gilt zunächst: Zwischen dem Todesfall und dem Erben steht noch der Zugewinnausgleich! Ob und wie ein solcher Ausgleich zu erfolgen hat, bestimmt sich in erster Linie nicht nach dem Erbrecht, sondern nach dem ehelichen Güterrecht. Dazu muss man wissen, dass sich die allgemeinen Wirkungen der Ehe beim Umzug in ein anders Land ändern. Jedoch behält man sein Leben lang den gesetzlichen Güterstand des Landes, das der Ehe am Anfang das Gepräge gegeben hat. Ein Paar, das am Beginn der Ehe in Kalifornien gelebt, später nach Deutschland und von dort nach Liechtenstein umgezogen ist, hat mehrfach andere Wirkungen der Ehe durchlebt. Es gilt aber immer noch Kalifornisches Güterrecht. Sollte später in einem notariellen Ehevertrag das deutsche gesetzliche Güterrecht gewählt worden sein, so gilt das auch dann noch, wenn nach Jahren des gemeinsamen Lebens in Liechtenstein einer der Ehegatten stirbt. Bevor also nach dem Erbrecht welchen Landes auch immer geerbt wird, muss man im deutschen Eherecht nachschauen, wie der Zugewinnausgleich ermittelt wird.
Um es einfach zu machen, in Deutschland ist der Zugewinnausgleich vorzugsweise nach dem tatsächlichen Vermögenszuwachs beider Ehegatten zu ermitteln und in Geld auszugleichen. Das kann für die Erben zum existenziellen Problem werden, wenn nur Sachwerte, z.B. Immobilien oder Betriebsvermögen vorhanden ist. Um es vorwegzunehmen: das gilt auch bei Pflichtteilsansprüchen. Hat der überlebende Ehegatte einen höheren Vermögenszuwachs, müsste er sogar noch etwas in die Erbmasse einzahlen. Allerdings hätte er /sie das Wahlrecht, den Zugewinnausgleich nicht zu verlangen. Denn der Ausgleich wird nur auf Antrag durchgeführt. Mit dem Antrag kann man sich Zeit lassen und ihn ab dem Ende es Jahres, in den der Ehegatte verstorben ist noch innerhalb der nächsten drei Jahres stellen und so die Erben hinhalten.
Eine Besonderheit im deutschen Güterrecht ist der Bezug zum deutschen gesetzlichen Erbrecht. Wer sowohl den deutschen gesetzlichen Güterstand hat als auch die Anwendbarkeit des deutschen Erbrechts bestimmt, kann den Zugewinnausgleich abweichend von den tatsächlichen Verhältnissen vornehmen. Dem überlebenden Ehegatten steht das einseitige Wahlrecht zu, statt den Zugewinnausgleich zu berechnen, vorab ein Viertel des hinterlassenen Vermögens zu beanspruchen.
In der Schweiz ist der gesetzliche Güterstand die Errungenschaftsbeteiligung. Jeder Ehepartner behält sein eigenes Vermögen, aber das während der Ehe erworbene Vermögen wird im Falle einer Scheidung oder des Todes eines Ehepartners geteilt. In der Schweiz hat der überlebende Ehegatte grundsätzlich Anspruch auf einen Teil des Nachlasses. Bei der Errungenschaftsbeteiligung wird das, während der Ehe erworbene, Vermögen (Errungenschaft) zwischen den Ehepartnern aufgeteilt. Der überlebende Ehegatte erhält vorab seinen Anteil an der Errungenschaft und zusätzlich einen Pflichtteil des Nachlasses des verstorbenen Ehepartners. Auch in der Schweiz wird somit das Erbe durch den vorab vorzunehmenden Ausgleich der Errungenschaft gemindert. Anders als in Deutschland ist der Ausgleich kein Geld-, sondern ein Sachanspruch.
Wiederum anders sieht es aus, wenn ein Ehepaar den Güterstand von Liechtenstein hat. Der gesetzliche Güterstand ist die Gütertrennung, was bedeutet, dass jeder Ehepartner sein eigenes Vermögen behält. Nach Liechtensteiner Güterrecht findet kein gesetzlicher Zugewinnausgleich statt, es sei denn man hätte dies in einem Ehevertrag geregelt. Wenn ein solcher Ausgleich vereinbart wurde, dann hat der überlebende Ehegatte wie in Deutschland beginnend ab dem Ende des Todesjahres drei Jahre Zeit für den Antrag. Solange das nicht geregelt ist, können die Erben nicht auf das Vermögen zugreifen.
Zwischenfazit:
Das eheliche Güterrecht und das Verhalten des Ehegatten bestimmen, was überhaupt Umfang des Erbes ist und wann das Erbe verteilt werden kann. Der Zugewinnausgleich ist nicht Teil des Erbes und unterliegt nicht der Erbschaftsteuer. Das gilt international. Denn der Zugewinnausgleich ist zivilrechtlich die Erfüllung einer Schuld des Erblassers.
Auch andere steuerliche Vorteile wie z.B. der Freibetrag für Betriebsvermögen selbst bei Vererbung an nicht verwandte Personen sind an zivilrechtliche Vorgaben geknüpft.
Bei der Abfassung von Testamenten ist zu beachten, dass nicht jedes Testament in jedem Land anerkannt wird, nicht einmal innerhalb Europas. Und selbst notariell abgeschlossene Eheverträge können durch Richter in anderen Staaten einfach negiert und dort rechtskräftige gewordene Urteile dann in einem Land durchgesetzt werden. Ein Paradefall hierzu sind die USA.