Überschuldung liegt bei einer Kapitalgesellschaft vor, wenn das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.
Bei einem Startup ist die bilanzielle Überschuldung unter Umständen schnell erreicht. Es besteht dann, abgesehen von der befristeten Sondersituation betr. Corona, trotz noch vorhandener liquider Mittel Insolvenzantragspflicht, sofern nicht sofort, spätestens aber innerhalb von drei Wochen Gegenmaßnahmen möglich sind und auch ergriffen werden. Es kommt in Bezug auf die Insolvenzantragspflicht jedoch nicht auf die Bilanz an, wenn in den aktivierten Wirtschaftsgütern Stille Reserven vorhanden sind. Es lohnt sich für Startups, insoweit von den vorhandenen Wahlrechten Gebrauch zu machen. Das erfordert wie beschreiben im Vorfeld eine saubere Dokumentation und eine Buchhaltung mit strikter Kostenzuordnung.
Der Geschäftsführer muss die Ergebnisse einer Fortführungsprognose besonders sorgfältig daraufhin überprüfen, ob die Finanzkraft des Unternehmens mittelfristig zur Fortführung ausreicht. Sobald bei einer Kapitalgesellschaft die wie auch immer begründeten „Verluste“ höher sind als die Hälfte des eingezahlten Stammkapitals, muss eine Insolvenzprüfung erfolgen, beziehungsweise sogar Insolvenz angemeldet werden. Ansonsten machen sich die Geschäftsführer persönlich strafbar und sind auch haftbar für alle Verluste.
Es stellt sich daher die Frage, ob eine GmbH immer die richtige Rechtsform für ein Startup ist beziehungsweise zu welchem Zeitpunkt man gegebenenfalls die GmbH gründet. Denn bei einer Personengesellschaft ist mit Ausnahme der GmbH & Co KG die bilanzielle Überschuldung kein Insolvenzgrund. Solange man die Investition durch Erhöhung des Eigenkapitals, damit gemeint sind Erhöhungen des Haftkapitals, Agio, Einlagen, oder Gesellschaftsdarlehen mit „hartem“ Rangrücktritt, solange besteht die Insolvenzantragspflicht nicht.
Hat man sich für eine Kapitalgesellschaft entschieden, dann braucht auch ein Startup im Falle der bilanziellen Überschuldung andere Lösungen. Ein strategischer Lösungsansatz könnte sein, das IP (intellectual property) von vornherein nicht der Entwicklungsgesellschaft zuzuordnen, sondern einer Gesellschaft, die eigens dazu errichtet wurde, die Patente zu halten und zu verwalten. Ob man dazu eine sogenannte Lizenzbox in einem Staat errichtet, der dies besonders begünstigt, oder ob man das mit einer anderen Gesellschaft macht, das muss im Einzelfall geprüft werden. Faktum ist, dass im Zweifel auch das unfertige IP (intellectual property) nicht der ansonsten verlustträchtigen Entwicklergesellschaft gehört, sondern geschützt in einer „Schatztruhe“ oder Patent — Box liegt. Diese bestellt die Entwicklerleistung bei dem Unternehmen, das dazu die erforderlichen Kapazitäten hat. Das wird meist das verbundene Unternehmen sein, eventuell kauft man aber auch bei fremden Dritten zu. Das Entwickler-Unternehmen erhält damit Umsätze, die den entstandenen Aufwand kompensieren. Bei entsprechender Gestaltung der Verträge führt das zu einer Risiko-und Funktionsanalyse, welche dann in Folge die Verrechnung der Leistungen basierend auf der Kostenaufschlagsmethode (cost+) bewirkt. Das Entwicklerunternehmen hat damit leichte Gewinne und kann ungeachtet der investierten Kosten ungehindert weiter bestehen. Eine Insolvenzantragspflicht könnte nur dann entstehen, wenn die Gesellschaft nicht mehr finanzierbar ist. Damit ist insoweit die Gleichstellung mit der Personengesellschaft hergestellt.