Anteile

Viele Arbeitnehmer besitzen Anteile am Unternehmen, in dem sie arbeiten. Hier gilt es, die Besonderheiten bei Anteilen an Personen- und Kapitalgesellschaften zu beachten.

Inhaltsverzeichnis

Besonderheiten bei Anteilen an Personengesellschaften

Gesellschafter einer GbR, OHG oder KG oder vergleichbarer ausländischer Gesellschafts-formen können mit der Gesellschaft einen Arbeitsvertrag abschließen und im Sinne des Arbeitsrechts für die Gesellschaft als Arbeitnehmer tätig werden. Sie genießen im Rahmen des Arbeitsvertrages die gesetzlichen und vertraglichen Schutzrechte für Arbeitnehmer. Hinsichtlich der Sozialversicherung ist jedoch bereits zu prüfen, ob sie z.B. als Kommanditisten ebenfalls als SV-pflichtige Arbeitnehmer gelten oder nicht doch als Selbständig Erwerbende Mitunternehmer angesehen werden. Unabhängig davon gelten Vergütungen an Mitunternehmer generell nicht als Arbeitseinkommen, Vermietungs- oder sonstige Einkünfte, sondern werden grundsätzlich im Rahmen der von der Personen-Gesellschaft verwirklichten Einkunftsart besteuert.

Fallbeispiel

Ein aus Dänemark zugezogener Ingenieur tritt eine Stelle in Hamburg an. Sein Arbeitgeber firmiert in Dänemark als K/S (Kommanditselskabet), Diese Rechtsform ist mit der deutschen Kommanditgesellschaft vergleichbar. Der Arbeitnehmer wird bei einer unselbständigen Niederlassung in Hamburg eingesetzt. 

Dem Arbeitnehmer wachsen im Rahmen des Vergütungsmodells erstmals im Jahr 03 Kommanditanteile an dem Unternehmen an. Folge: In den Jahren 01 und 02 hat er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und ist mit diesen Einkünften Lohnsteuerpflichtig. Im Jahr 03 wird er allerdings Mitunternehmer an der in Dänemark ansässigen Gesellschaft und gilt damit steuerrechtlich in Deutschland nicht mehr als Arbeitnehmer, obgleich er arbeitsrechtlich und auch hinsichtlich der SV nach wie vor gleich gestellt ist wie bisher. Der Arbeitgeber zieht aber nun keine Lohnsteuer mehr ein. In der Steuererklärung der Hamburger Betriebsstätte sind sämtliche Aufwendungen für den „Arbeitnehmer“ nicht mehr als Betriebsausgabe abziehbar.  Während bis zum Jahr 02 der Arbeitgeberanteil zur SV steuerfrei gewährt wurde, muss die KG jetzt dafür auch noch Gewerbesteuer zahlen. Der „Arbeitnehmer“ muss den Arbeitgeberbeitrag zur SV ebenso wie den „Arbeitslohn“ als Unternehmenseinkünfte besteuern, zahlt also mehr Steuern als bisher. Immerhin darf er pauschaliert die von der KG und somit von allen Gesellschaftern getragene Gewerbesteuer auf seine Einkommensteuer anteilig entsprechend seiner Beteiligungsquote anrechnen.

Besonderheit bei Anteilen an Kapitalgesellschaften

Wer Aktien hält oder sich an einer GmbH, Ltd. oder anderen vergleichbaren Kapitalgesellschaften beteiligt, kann neben Dividenden aus der Beteiligung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auch Arbeitslohn von der Gesellschaft beziehen. Ohne dies hier eingehend zu diskutieren sei darauf verwiesen, dass bereits die Höhe der Beteiligung und die faktischen Machtverhältnisse innerhalb der Gesellschaft dazu führen können, dass der Arbeitslohn umqualifiziert wird und nicht steuerlich nicht mehr Arbeitslohn ist, sondern als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt wird.

Fallbeispiel

Ein Schweizer Unternehmer gründet eine GmbH in Deutschland. Geschäftsführer ist der Inhaber selbst. Es läuft geschäftlich gut und so genehmigt er sich auch ein Gehalt in durchaus üblicher Höhe. Seine Arbeitnehmer beschäftigt er basierend auf mündlichen, bzw. per Mail bestätigter Arbeitsbedingungen. Ihm ist aber nicht bewusst, dass er als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer — aus seinem Verständnis quasi mit sich selbst – als Einziger einen schriftlichen im Vornherein Vertrag mit fremdüblichen Kriterien abschließen muss. Ein Mail an sich selbst genügt nicht, weil in Deutschland ein Mail anders als ein Fax nicht als „Schriftform“ gilt.

Folge

Der Arbeitslohn wird steuerlich umqualifiziert in eine andere Einkunftsart, nämlich in Dividenden. Diese sind nicht am Ort der Arbeitsausübung steuerpflichtig, sondern dort, wo der Mittelpunkt der Lebensinteressen liegt. Der kann auch bei zusätzlichem Wohnsitz in Deutschland gleichwohl in der Schweiz liegen. Der Lohn ist bei der GmbH aber auch nicht als Betriebsausgabe abziehbar.

SV-pflichtig wird der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht, egal ob er einen schriftlichen Vertrag hat oder nicht. Er gilt im Sinne des Arbeitsrechts wie auch im Sinne des Steuerrechts als Arbeitnehmer (Vertrag vorausgesetzt), im Sinne des SV-Rechts jedoch als Unternehmer.

Eine oft unerkannte Gefahr lauert in der sog. Wegzugsbesteuerung des in Deutschland geltenden § 6 AStG. Wer in seinem gesamten Leben insgesamt 10 Jahre, am Stück oder in Etappen, in Deutschland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte, der wird beim Wegzug hinsichtlich des Vermögenszuwachses aus Anteilen an Kapitalgesellschaften besteuert. Was das bedeutet, erkennt man an folgendem.

Fallbeispiel

 

Ein chinesischer Unternehmer hatte vor Jahren in Deutschland studiert. Er lebte sechs Jahre in einer Studentenbude in Leipzig. Dann ging er zurück nach China und baute dort ein kleines Imperium auf, seine Unternehmen führt er in der Rechtsform von Ltd. und somit als Kapitalgesellschaft. Jetzt ist seine Tochter langsam so weit, dass sie ebenfalls in Deutschland studieren soll. Papa erinnert sich an die schöne Zeit in Deutschland. Er kauft eine Wohnung in München und nutzt diese auch gelegentlich, besonders gerne im Oktober. Seine Tochter studiert in Cottbus und wohnt auch dort. Nebenbei arbeitet sie in dem betrieb, den ihr Vater dort inzwischen gegründet hat. Nachdem die Tochter ihren Masterabschluss in Rekordzeit von vier Jahren in der Tasche hat und nun woanders arbeitet, vermietet der Vater die Wohnung. 

Was ist passiert? Der Vater hatte in Deutschland einen Wohnsitz, und zwar zunächst 7 und dann nochmals 4 Jahre. Zusammen sind das 11 Jahre, in denen er aufgrund eines Wohnsitzes in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig war. Infolge Vermietung gibt er seinen Wohnsitz auf. Es kommt zur Besteuerung des Vermögenszuwachses nach § 6 AStG. Der Zuwachs berechnet sich aber nicht etwa aus dem Wertzuwachs, den sein in China bestehende Unternehmen und das Unternehmen in Deutschland während seiner unbeschränkten Steuerpflicht erreicht haben. Der Zuwachs berechnet sich aus dem Wert der Kapitalgesellschaften bei Aufgabe des deutschen Wohnsitzes abzüglich ursprünglicher Anschaffungskosten der Anteile, sprich dem Stammkapital.

Fazit

Zuziehende Personen, auch wenn sie nicht Arbeitnehmer sind, müssen achtgeben, dass sie nicht vor der Wegzugsbesteuerung erschlagen werden. Wer dies im Auge hat, kann und wird rechtzeitig gestalten.

Jürgen Bächle
Jürgen Bächle

ist seit 1989 als selbständiger Steuerberater und Experte im internationalen Steuerrecht tätig und seit über 20 Jahren Mitglied im Vorstand des Deutschen Steuerberaterverbandes Baden-Württemberg, DSTVBW.

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