China

China ist ein starker player auf dem globalen Markt und will die Führungsposition einnehmen. Europa und die USA tun sich mit vielem schwer, was das Denken und Lenken der chinesischen Regierung angeht. Aber wirtschaftlich sind die Verflechtungen derart eng geworden, dass europäische Unternehmen gut daran tun, sich mit einer eigenen Präsenz in diesem Markt zu befassen. Dieser Leitfaden soll dabei Hilfestellung geben.

Inhaltsverzeichnis

Rahmenbedingungen in China

China hat ein dem Code Civil entsprechendes bürgerliches Gesetzbuch, darauf aufbauend ein Gesellschaftsrecht und Steuerecht samt Rechnungslegung nach westlichem Muster. Inhaltlich sind in diesen Blaupausen natürlich die Vorstellungen der chinesischen Zentralregierung verankert. Auch die Wirtschaft ist zentralistisch gelenkt, aber es gibt ein hohes Maß an Privatisierung. Der Staat übt eine Allmacht über seine Bürger aus, die ihresgleichen sucht. Das scheint die Bürger aber kaum zu stören. Denn das chinesische Volk, vor allem die Älteren, wissen noch um die Lebenswirklichkeit vor 45 Jahren.

Man kann den Menschen nicht absprechen und ihnen nicht vorwerfen, dass sie fleißig und wissbegierig sind. Der Drang nach persönlichem Ansehen ist in hohem Maß mit beruflichem Fortkommen und mit Geld verbunden. Wenn ein chinesischer junger Mann auch heute nur dann eine Frau zum Heiraten findet, wenn er über eine Eigentumswohnung verfügt, dann wir schnell deutlich, wie sehr persönliche, familiäre Belange verknüpft sind mit der beruflichen und finanziellen Situation. Zwar tituliert sich China als kommunistischer Staat, in Wahrheit aber herrscht dort auf allen Ebenen ein Raubtier-Kapitalismus.

Digitale Überwachung

Nachdem sich die Eliten zu Milliardären emporgearbeitet haben und sie die Wege dahin kennen, wird jetzt mit harter Hand durchgegriffen, wo immer sich Korruption oder ein anderes Vergehen gegen die staatlichen Interessen bemerkbar macht. Durch ein Höchstmaß an Kontrolle mittels digitaler Überwachung sichert sich der Staat nicht nur ab gegen das Aufkommen und die Verbreitung schädlichen Gedankengutes.

Durch die umfassende digitale Überwachung der Bewegung von Personen, des gesprochenen Wortes, Zugriff auf die digitalen Daten der Unternehmen entgeht dem Staat so gut wie nichts. Etwaige Lücken werden schnell erkannt und mit Entschlossenheit dicht gemacht. Wer sich nicht an die Regeln hält, bekommt das zu spüren. Wer als Person oder als Unternehmen gegen das geltende Recht verstößt, kann gezwungen werden, das Land verlassen.

Man kann sich gut vorstellen, dass gutgehende Unternehmen in dem Zusammenhang nicht stillgelegt werden, sondern einfach in andere Hände übergehen. Den Unternehmen droht damit der Totalverlust ihrer Investition und jahrelanger Aufbauarbeit. Das haben längst nicht alle Unternehmen mitbekommen und dementsprechend auch ihre Mitarbeiter nicht instruiert, wie mit der neuen Situation umzugehen sei. Wer durch Nichtstun zulässt, dass man weiter in den alten Fahrwassern unterwegs ist, riskiert sehr viel. Mehr denn je kommt es auf die Einhaltung der Compliance an.

Das Steuersystem in China

Der chinesische Staat erhebt Steuern im Wesentlichen auf das Einkommen und auf den Umsatz. Diese beiden Bereiche müssen wie in anderen Staaten auch voneinander getrennt betrachtet werden. Deshalb behandelt dieser Beitrag nur die Ertragsteuer der Unternehmen, während wir die Einkommensteuer der Privatpersonen, insbesondere der in China tätigen ausländischen Arbeitnehmer und nochmals gesondert Umsatzsteuer in China in gesonderten Beiträgen besprochen wird.

Steuersubjekt hinsichtlich der Ertragsbesteuerung sind  natürliche Personen und Gesellschaften. Ausländische Unternehmen werden gegenüber Inländern nicht mehr bevorzugt. Sie unterliegen unabhängig von der gewählten Rechtsform der Körperschaftsteuer (CIT, Corporate Income Tax). Diese wird auch angewandt bei der Besteuerung von Betriebsstätten, die ausländische Unternehmen in China haben. Das kann sich sogar günstig auswirken, wenn z.B. eine deutsche OHG oder KG in China eine Betriebsstätte verwirklicht hat. Das anteilige Ergebnis unterliegt dann der 25% CIT (wobei die Höhe des Gewinns ev. verhandelbar ist). In Deutschland wird das Ergebnis gleichzeitig von der Gewerbesteuer und der Einkommensteuer freigestellt.

Corporate Income Tax

Unternehmen müssen sich in China nach ihrer Gründung zunächst steuerlich registrieren. Dies sollte in der Regel innerhalb von 30 Tagen nach Erteilung der Geschäftslizenz geschehen. Ohne steuerliche Registrierung ist es einem Unternehmen nicht möglich ein Bankkonto zu eröffnen. Alle Konten des Unternehmens müssen den Steuerbehörden mitgeteilt werden, bei den Banken werden die Steuernummern der Unternehmen in den Kontoinformationen hinterlegt.

Das Einkommen der Gesellschaften wird ausgehendend von der chinesischen Handelsbilanz durch Zu- und Abrechnungen ermittelt. Es gilt ein linearer Steuersatz von 25% für alle Unternehmen. Jedoch ist der Steuersatz für kleinere Unternehmen auf 20% reduziert. High-Tech Unternehmen zahlen bei entsprechenden Investitionen 15% CIT. in bestimmten Sonderwirtschaftszonen werden weitere Vergünstigungen gewährt. Verluste können in die Zukunft vorgetragen und mit späteren gewinnen verrechnet werden. Einen Verlustrücktrag gibt es nicht.

Ein Steuersatz von 20% gilt beispielsweise für „non-resident“ enterprises, die in China über keine Einrichtung verfügen, oder deren Einrichtung in China kein Einkommen zugeordnet werden kann und für kleine Unternehmen mit niedrigem Gewinn. Darunter fallen Industrieunternehmen, deren Einkommen nicht größer ist als RMB 300.000, die nicht mehr als 100 Mitarbeiter haben und deren Bilanzsumme RMB 30 Mio nicht übersteigt. Für alle anderen Unternehmen gelten Obergrenzen von RMB 300.000 Einkommen, 80 Mitarbeitern und einer Bianzsumme von RMB 10 Mio. (Implementation Rules.

Für Unternehmen, die sich als förderungswürdige Neu- und Hochtechnologieunternehmen qualifizieren – Der Besitz eignen geistigen Eigentums ist auch eine Voraussetzung), gilt der Steuersatz von 15%.

Reduzierte Steuersätze

Unternehmen, die in den folgenden Bereichen tätig sind, können von der Steuer befreit werden oder von reduzierten Steuersätzen profitieren:

 

  1. Landwirtschaft, Forstwesen, Viehzucht oder Fischerei
  2. geförderte Infrastrukturprojekte
  3. Projekte zum Umweltschutz oder der Einsparung von Wasser und Energie
  4. Technologietransfer (unter bestimmten Bedingungen)
  5. „non-resident“ enterprises, die in China über keine Einrichtung verfügen, oder deren Einrichtung in China kein Einkommen zugeordnet werden kann (für die schon laut Art.4 ein ermäßigter Steuersatz von 20% gilt)

 

Die Regierungen von autonomen Regionen haben außerdem die Möglichkeit Steuervorteile zu gewähren, die dann aber von der Regierung bewilligt werden müssen.

Steuervorteile für High-Tech-Unternehmen

Ausländische Unternehmen mit einer chinesischen Tochtergesellschaft, die im High-End-Technologie Bereich oder im Bereich der sog. „high value-added services“ tätig ist, werden mit  einen auf 15% reduzierten Steuersatz belegt. Begünstigt sind Unternehmen, die in folgenden Bereichen tätig sind:

 

  • Computer- und Informations-Dienstleistungen (z. B. „information system integration“ und „data service“),
  • Forschung und Entwicklung
  • Industriedesign, grenzüberschreitende
  • Lizensierung und Übertragung von IP
  • kulturelle technologische Dienstleistungen (digitale Produktion von kulturellen Produkten) und
  • traditionelle chinesische medizinische Medizin und Behandlungsdienstleistungen.

 

Neben dem reduzierten Steuersatz profitieren diese Unternehmen davon, dass sie ihre Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen nicht nur sofort in voller Höher, sondern multipliziert mit dem Faktor 175% abschreiben dürfen.

Betriebsausgaben beschränkt abziehbar

Das Gesetz gibt vor, welche Kosten vom Einkommen abgezogen werden dürfen und welche nicht. Eine Voraussetzung für den Abzug von Kosten ist, dass diese Kosten „reasonable“ sind und im Zusammenhang mit der Erzeugung von Einkommen stehen. Eine weitere Voraussetzung ist die Vorlage einer sog. Fapiao, einer speziellen Form der Rechnung.

Die Digitalisierung in China ist bekanntermaßen sehr viel weitergehend, als man sich das in Europa überhaupt nur vorstellen könnte. Bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2019 wurde in einer Pilotphase die Papierform der Fapiao abgeschafft und durch eine elektronische Form ersetzt. In mehreren Städten, so auch in Shenzhen, wurde die in China praktisch auf jedem Smartphone installierte App von WeChat funktional erweitert. Per 1. September 2020 kamen weitere Provinzen hinzu. Bis Ende 2020 soll das neue System flächendeckend eingeführt werden. Die erste Fapiao neuer Zeitrechnung wurde von einem Restaurant ausgestellt. Über WeChat werden aber auch freie Parkplätze gebucht, der Frisör oder das Brötchen am Kiosk bezahlt. Dazu werden auf Basis der blockchain Technologie automatisch die Informationen von den Smartphones der Konsumenten mit denen der Unternehmer und dem Finanzamt verknüpft.

Vorsteuer

Die alten amtlich ausgegeben Formulare dürfen vorerst weiterverwendet werden. Darin liegt die Gefahr so weiterzumachen, wie bisher. Das haben längst nicht alle Unternehmen mitbekommen und dementsprechend auch ihre Mitarbeiter nicht instruiert, wie mit der neuen Situation umzugehen sei. Wer durch Nichtstun zulässt, dass man weiter in den alten Fahrwassern unterwegs ist, riskiert sehr viel. Denn Vorsteuerbetrug wird zunehmend hart geahndet. Wer als Person oder als Unternehmen gegen das geltende Recht verstößt, kann gezwungen werden, das Land verlassen. Man kann sich gut vorstellen, dass gutgehende Unternehmen in dem Zusammenhang nicht stillgelegt werden, sondern einfach in andere Hände übergehen. Den Unternehmen droht damit der Totalverlust ihrer Investition und jahrelanger Aufbauarbeit.

Betriebsausgaben

Unter den genannten Voraussetzungen sind ungeachtet der Zuordnung zu einem Wertschöpfungsprozess folgende Betriebsausgaben teilweise voll, teilweise aber auch nur beschränkt abzugsfähig:

 

  • Pflichtversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer, bis zu 14% der Lohnkosten (IR Art. 40)
  • Bestimmte Versicherungen (IR Art. 46)
  • Investitionen zum Umweltschutz oder Einsparung von Energie und Wasser, maximal 10% des Investitionsbetrags im laufenden Jahr, der nicht geltend gemacht Betrag kann auf die nächsten 5 Jahre vorgetragen werden. (Art. 34; IR Art. 100)
  • Spenden an gemeinnützige Zwecke, maximal 12% des Gewinns (Art. 9; IR Art. 51)
  • Bis zu 70% von Investitionen in kleine/mittlere, nicht börsennotierte Hochtechnologieunternehmen durch Venutre-Capital-Unternehmen. Die Beteiligung muss zwei Jahre gehalten werden. (Art. 31; IR Art. 97)
  • 50% bzw. 150% der Kosten für qualifizierte Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten (Art. 30; IR Art. 95)
  • Werbekosten in Höhe von maximal 15% der Verkaufserlöse, ein übersteigender Betrag kann in die nächsten Jahre vorgetragen werden. (IR Art. 44)

 

Auch Abzugsverbote werden vom CIT formuliert (Art. 10), beispielsweise:

  • Sponsoring
  • Kosten, die nicht im Zusammenhang mit der Erzeugung von Einnahmen stehen. Dazu gehört auch gestohlene Ware!

 

Ein durch einen Asset Deal erworbener derivativer Firmenwert kann erst beim Verkauf oder der Liquidation des Unternehmens abgezogen werden. (IR Art. 67).

Steuerliche Verluste

Ein Verlust wird definiert als negativer Betrag, der sich aus dem Abzug von nicht steuerbarem (non-taxable) Einkommen, steuerfreiem (tax-exempt) Einkommen und verschiedenen weiteren zulässigen Abzügen vom Gesamteinkommens des jeweiligen Jahres ergibt (IR Art. 10). Der Verlustvortrag findet jedoch nur bei der jährlichen Steuererklärung Beachtung, nicht bei den quartalsweise abzugebenden Steuererklärungen. Das wird führt zu einer höheren Steuerbelastung im laufenden Jahr, gefolgt von einer Steuerrückerstattung am Ende des Jahres.

Laut Art. 18 CIT sind Verluste maximal 5 Jahre vortragsfähig. Dabei erfolgt nur im Folgejahr eine Vollverrechnung der Vorjahresverluste. Wenn eine Verrechnung wegen weiterer Verluste nicht möglich ist, können im zweiten Jahr nur 80%, im dritten Jahr 60% , im vierten Jahr nur 40% und im fünften Jahr nur 20% des anfänglichen Verlustvortrages genutzt werden. Der Rest verfällt.

Rückwirkend ab 2018 wird den sog. „High-and-New Technology Enterprises“ (HNTE) und sog. „Technology-based Small and Medium-sized Enterprises“ (TSME) in bestimmten Fällen ein verlängerter Verlustvortragszeitraum von bis zu zehn Jahren  gewährt. Ungenutzte steuerliche Verluste, die einem Unternehmen in den fünf Jahren vor Qualifikation als HNTE bzw. TSME entstanden sind, können damit bis zu fünf weitere Jahre vorgetragen und genutzt werden.

Quellensteuer

Versteuerte Gewinne dürfen auch in das Ausland ausgeschüttet werden. Auf Dividenden können laut DBA China-Deutschland 5% Kapitalertragsteuer erhoben werden. Diese sind in Deutschland anrechenbar, sofern der Empfänger eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft ist. ist der Empfänger eine Kapitalgesellschaft, ist die Dividende hingegen steuerfrei, sodass auch keine Anrechnung der in China erhobenen Steuer erfolgt. Allerdings hat China rückwirkend eine Aussetzung der Quellenbesteuerung beschlossen, wenn die Ausschüttung in China direkt reinvestiert wird.

Als begünstigte Direktinvestitionen gelten Kapitalerhöhungen bei einer bestehenden Kapitalbeteiligung, die Neubeteiligung oder Erweiterung der Beteiligung an bislang nicht verbundenen chinesischen Unternehmen, die Neugründung eines chinesischen Unternehmens sowie sonstige vom chinesischen Finanzministerium erlaubte Investitionsformen. Ausgeschlossen sind jedoch der Erwerb von börsennotierten Aktien mit Ausnahme von bestimmten erlaubten strategischen Investitionen sowie der Erwerb von Beteiligungen an verbundenen Unternehmen.

Termine und Fristen

  • Die Abgabe der Steuererklärung erfolgt innerhalb von 15 Tagen nach Ende eines Quartals. Im gleichen Zeitraum soll auch die Steuer bezahlt werden.
  • Innerhalb von 5 Monaten nach Jahresende ist die jährliche Körperschaftsteuererklärung abzugeben

 

Wird die Steuererklärung nicht fristgerecht eingereicht, so wird eine Verwarnung ausgesprochen, die mit einer Geldbuße von maximal 2.000 RMB belegt ist. Zudem erfolgt ein Punktabzug beim Scoring. Man erhält eine neue Frist, in der man die Steuererklärung nachreichen kann. Wird die Steuererklärung wieder nicht eingereicht, wird eine höhere Geldbuße  fällig. Zudem muss das Unternehmen mit empfindlichen Sanktionen rechnen. Unter Umständen wird einfach der Strom abgestellt oder es werden qualifizierte Mitarbeiter angehalten, sich eine andere Stelle zu suchen.

Wirkung des DBA

Deutschland und China haben 2016 ein neues ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unterzeichnet. Steuerpflichtig ist ein Unternehmen weiterhin in dem Land, in dem es registriert und somit ansässig ist. Nach dem Abkommen  ist ein Unternehmen in dem Land steuerlich ansässig, in dem sich seine allgemeine Geschäftsleitung befindet. Reine Domizilgesellschaften sind zwar zulässig und sind in China oft anzutreffen, unter anderem in Gestalt der “office-in office-Lösung der AHK Shanghai oder anderer Anbieter. Diese Unternehmen sind zwar in China registriert, werden aber vom Ausland aus geleitet und sind deshalb dort steuerpflichtig.

Nach dem Abkommen werden die Gewinne eines Unternehmens in dem Land besteuert, in dem es ansässig ist, es sei denn das Unternehmen verfügt über eine Betriebsstätte im anderen Land. Dann werden die Gewinne, die dieser Betriebsstätte zugerechnet werden, im anderen Land besteuert.

Betriebstätten in China

Was genau unter einer Betriebsstätte zu verstehen ist wird in Artikel 5 definiert. Demnach ist eine Betriebsstätte eine „feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird“, insbesondere umfasst der Begriff auch einen „Ort der Leitung“. Diese Definition nach dem Ort der Leitung macht einen kleinen aber feinen Unterschied, der Auswirkungen auf die Qualifizierung als Betriebsstätte hat. Betrachten wir folgendes Beispiel:

Ein deutsches Unternehmen hat in China ein Büro mit Mitarbeitern über das Rohstoffe auf dem chinesischen Markt bezogen werden sollen. Es stehen verschiedene Lieferanten zur Auswahl. Im ersten Fall werden sämtliche Informationen nach Deutschland weitergegeben. Dort wird entschieden, von welchem Lieferant die Rohstoffe bezogen werden sollen und diese Information an das chinesische Büro weitergegeben, das die Rohstoffe bezieht. Hier liegt der Ort der Leitung in Deutschland, es handelt sich folglich um keine Betriebsstätte. Die Besteuerung erfolgt in Deutschland.

Im zweiten Fall verfügt eine Person im chinesischen Büro über die Befugnis den Lieferant selbst zu wählen. Der Ort der Leitung befindet sich nun in China, damit sind die Bedingungen für eine Betriebsstätte erfüllt, die nun nach chinesischem Recht besteuert wird.

Auch der Begriff der „festen Geschäftseinrichtung“ erfordert eine genauere Definition. Sollte beispielsweise ein Service-Mitarbeiter nur mit einem Werkzeugkoffer ausgerüstet durch China reisen um hier und dort Reparaturen durchzuführen, stellt der Werkzeugkoffer noch keine feste Geschäftseinrichtung dar. Ein Arbeitsplatz in einem Co-Working-Space gilt nicht als Betriebsstätte; ein abgeschlossenes Büro nur dann, wenn sich dort auch entsprechende Infrastruktur wie Internetanschluss und Möbel befinden.

Dienstleistungsbetriebsstätte

Eine Besonderheit im Abkommen mit China ist die Dienstleistungsbetriebsstätte. Eine solche ist gegeben, wenn ein Unternehmen mithilfe eigener Angestellter oder sonstigem für diesen Zweck verpflichteten Personal Dienstleistungen, einschließlich Beratungsleistungen erbringt und das Projekt innerhalb eines jahresübergreifenden Zeitraums von zwölf Monaten insgesamt mehr als 183 Tage dauert.

Des weiteren definiert das DBA auch Einrichtungen, die auf Grund ihres Charakters zwar feste Geschäftseinrichtung darstellen, aber dennoch explizit nicht als Betriebsstätte gelten:

a) Einrichtungen, die ausschließlich zur Lagerung, Ausstellung oder Auslieferung von Gütern oder Waren des Unternehmens benutzt werden;

b) Bestände von Gütern oder Waren des Unternehmens, die ausschließlich zur Lagerung, Ausstellung oder Auslieferung unterhalten werden;

c) Bestände von Gütern oder Waren des Unternehmens, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten werden, durch ein anderes Unternehmen bearbeitet oder verarbeitet zu werden;

d) eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, für das Unternehmen Güter oder Waren einzukaufen oder Informationen zu beschaffen;

e) eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, für das Unternehmen andere Tätigkeiten auszuüben, die vorbereitender Art sind oder eine Hilfstätigkeit darstellen;

f) eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, mehrere der unter den Buchstaben a bis e genannten Tätigkeiten auszuüben, vorausgesetzt, daß die sich daraus ergebene Gesamttätigkeit der festen Geschäftseinrichtung vorbereitender Art ist oder eine Hilfstätigkeit darstellt.

Ergebnis der Betriebsstätte

Für eine Betriebsstätte ist eine gesonderte Buchhaltung und kein handelsrechtlicher Jahresabschluss, aber eine Steuerbilanz mit Ergebnisrechnung nach lokalem recht, in lokaler Sprache und Währung zu erstellen.  Da Betriebsstätten keine rechtlich selbständigen Unternehmen sind, bedeutet dies die Führung einer Schattenbuchhaltung für rein steuerliche Zwecke. Die bilanzielle Zuordnung der assets, anteiligem Eigenkapital und den Verbindlichkeiten hat nach wirtschaftlicher Zuordnung zu erfolgen stellt bereits eine Herausforderung an sich dar. Die Überleitung auf chinesisches Recht, Führung in lokaler Sprache und die Währungsumrechnung sind weitere Aufgaben, die zu bewältigen sind. Damit verbunden sind entsprechende Kosten für den Steuerberater, ohne den das kaum darzustellen ist.

Ob die Fiskalbehörden der beteiligten Länder hinsichtlich der Aufteilung übereinstimmende Sichtweisen an den Tag legen, erweist sich oft erst Jahre später im Rahmen von Betriebsprüfungen. Dem Unternehmen wäre mehr geholfen, wenn man zu frühen, verlässlichen Steuerbescheiden käme.

Nicht-Erstellung der Steuerbilanz in China

In China ist das möglich, indem man  ganz offen erklärt, dass man die geforderte Steuerbilanz nicht erstellen kann. In dem Fall wird China das Ergebnis der Betriebsstätte schätzen und wendet dazu eine nationale Verordnung an. Danach ist der Gewinn mit 15–45% der Einnahmen zu schätzen. Es ist damit eine Frage der Verhandlung, bei welchem Prozentsatz man sich einigt. Das macht natürlich nur dann Sinn, wenn der tatsächliche Gewinn nicht wesentlich geringer ist und eine Zuordnung von Aufwand und Ertrag nachvollziehbar vorgelegt werden kann.

Ungeachtet der geschätzten oder verhandelten Höhe des in China versteuerten Ergebnisses ist im Sitzland des Unternehmens der tatsächliche Gewinn aus der Betriebsstätte von der Besteuerung freizustellen.

Jürgen Bächle
Jürgen Bächle

ist seit 1989 als selbständiger Steuerberater und Experte im internationalen Steuerrecht tätig und seit über 20 Jahren Mitglied im Vorstand des Deutschen Steuerberaterverbandes Baden-Württemberg, DSTVBW.

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